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In den letzten knapp zwei Jahren wurde in Tirol das Projekt KOMMA Tirol eingeführt. Der KOMMA-Ansatz wird nun in allen sechs Mobilen Palliativteams in Tirol genutzt, um Angehörige zu unterstützen.

KOMMA Tirol - Projektabschluss

Hintergrund und Ziel

Damit schwerkranke und sterbende Menschen ihre letzte Lebenszeit zu Hause verbringen können, sind Angehörige nötig, die sich um die Versorgung zu Hause kümmern. Angehörige entsprechend ihren Bedürfnissen zu unterstützen und zu begleiten, trägt dazu bei, die häusliche Versorgung zu stabilisieren und Belastungen zu reduzieren. Angehörigenarbeit ist daher eine zentrale Aufgabe der Mobilen Palliativteams (MPT), die in Tirol seit Ende 2019 flächendeckend tätig sind.

Der KOMMA-Ansatz ist ein evidenzbasierter strukturierter Ansatz zur Unterstützung von Angehörigen in der häuslichen Palliativversorgung. Im Rahmen eines Assessmentprozesses wird die Selbstreflexion und Selbsteinschätzung von Unterstützungsbedürfnissen genutzt, um Angehörige zu stärken und zu ermutigen. Ihre Anliegen können dadurch frühzeitig aufgegriffen und sie gezielt unterstützt werden. Dabei stehen neben dem Unterstützungsbedarf in Bezug auf die Versorgung der erkrankten Person auch persönliche Bedürfnisse der Angehörigen im Zentrum.

Ziel des Projekts KOMMA-Tirol war die Implementierung und Evaluierung der evidenzbasierten, nutzerorientierten Intervention „KOMMA-Ansatz“ zur Unterstützung von Angehörigen in der häuslichen Palliativversorgung in den Tiroler Mobilen Palliativteams. Damit sollten Angehörige, die einen schwerkranken Menschen betreuen, gestärkt werden, indem ihre Bedürfnisse systematisch aufgegriffen und bearbeitet werden. Dies sollte dazu beitragen, die Versorgung zu Hause zu stabilisieren. 

Methoden

Das Implementierungsprojekt, an dem sich alle sechs Tiroler MPT´s beteiligten, wurde im September 2019 mit einer Auftaktveranstaltung begonnen und endete mit einer Abschlusspräsentation im Rahmen des 15. Tiroler Palliativtages am 23. April 2022. Projektleitung und wissenschaftliche Begleitung arbeiteten eng zusammen.

Im Rahmen der Vorbereitungen wurde ein KOMMA-Einschätzungsbogen individualisiert für jedes MPT entwickelt sowie die elektronische Betreuungsdokumentation PalliDoc tirolweit adaptiert. Die Teams wurden bezüglich der Umsetzung des Ansatzes beraten und es wurden jeweils zwei Angehörigenbeauftragte etabliert. 62 Mitarbeiter:innen, vorwiegend Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen, wurden vor Ort geschult und bei der Umsetzung begleitet. 32 Mitarbeiter:innen nahmen an Workshops für Gesprächsführung teil. Im Rahmen sogenannter Projektforen wurden mit den Angehörigenbeauftragten über das Projekt hinweg in Workshops an der Umsetzung gearbeitet.

Als Evaluationsansatz wurde eine nutzungsorientierte Evaluation (Patton, 2008) gewählt, bei der die Beteiligten bei der Umsetzung des Programms unterstützt werden. Dazu fand während des Projekts eine (formative) Prozessevaluation statt und am Ende eine Abschlussevaluation mit summativem Charakter. Dabei wurde die elektronische Betreuungsdokumentation PalliDoc ausgewertet, Telefoninterviews mit den Teamkoordinator:innen (n=7) sowie eine Online-Befragung der Mitarbeiter:innen (n=44, Rücklauf 91%) durchgeführt.

Ergebnisse der Implementierung

Der KOMMA-Ansatz wird nun in allen sechs Mobilen Palliativteams in Tirol genutzt, um Angehörige zu unterstützen. Hauptbetreuende Angehörige erhalten bei einem der ersten Hausbesuche des Mobilen Palliativteams einen KOMMA-Einschätzungsbogen. Bei dieser Gelegenheit wird ihnen zudem ein Einzelgespräch mit einer Pflegeperson angeboten.

Nehmen Angehörige dieses Angebot an, wird mit ihnen zeitnah ein Einzelgespräch durchgeführt. Dabei geht es in einem stützenden, entlastenden und motivierenden Beratungsgespräch um ihre Unterstützungsbedürfnisse und das gemeinsame Finden von konkreten Lösungsansätzen. Diese Einzelgespräche werden systematisch in PalliDoc dokumentiert.

In jedem Mobilen Palliativteam sind zwei Mitarbeiter:innen als sog. Angehörigenbeauftragte tätig, die sich für Angehörigenarbeit engagieren und das Team unterstützen. Diese bilden eine tirolweite Gruppe, die sich regelmäßig über Angehörigenarbeit austauscht und diese weiterentwickelt.

Ergebnisse der Abschlussevaluation

Im Projektzeitraum wurden in PalliDoc 484 Einträge von KOMMA-Einzelgesprächen mit Angehörigen dokumentiert. Die am häufigsten dokumentierten Herausforderungen für Angehörige waren „Zeit für sich selbst“ zu finden, mit „Symptomen und Medikamenten“ umzugehen sowie ihre „eigene Gefühle und Sorgen“ zu besprechen. Es konnten zahlreiche Pflege-/Betreuungsinterventionen der Mobilen Palliativteams für Angehörige identifiziert werden. Dabei wurde deutlich, dass die meisten Unterstützungsmaßnahmen direkt im Einzelgespräch stattfinden und Beratungsinterventionen wie Zuhören, Bestärken, Beraten, Informieren und Anleiten sind.

Sowohl die Interviews mit den Team-Koordinatorinnen und den Angehörigenbeauftragten als auch die Mitarbeiter:innenbefragung zeigten, dass der KOMMA-Ansatz in den Routinebetrieb und die Arbeitsabläufe der Teams integriert werden konnte. Der Ansatz wurde von den Mitarbeiter:innen gut akzeptiert und als Bereicherung und Ergänzung der bisherigen Angehörigenarbeit wahrgenommen. Nur einzelne Mitarbeiterinnen waren skeptisch. Sowohl Leitungspersonen als auch Mitarbeiter:innen sahen einen Nutzen und Mehrwert des KOMMA-Ansatzes für Angehörige.

Zudem sahen die Beteiligten auch einen Nutzen für die Teams selbst, da Angehörigenarbeit stärker thematisiert und durch die Dokumentation in PalliDoc deutlicher sichtbar wurde. Darüber hinaus konnten Mitarbeiter:innen im Projekt Kompetenzen für die Angehörigenarbeit und Gesprächsführung dazugewinnen.

Schlussfolgerungen

Mit dem KOMMA-Ansatz steht den Mobilen Palliativteams in Tirol nun ein evidenzbasierter, strukturierter Ansatz in der Angehörigenarbeit zur Verfügung, für den alle Mitarbeiter:innen ausgebildet sind. Dies geht mit einer Professionalisierung der Angehörigenarbeit einher. Ein für jedes Team individualisierter KOMMA-Einschätzungsbogen liegt vor und die Voraussetzung für die Dokumentation in PalliDoc wurden geschaffen.

In Zukunft sollte die personenzentrierte und bedürfnisorientierte Unterstützung von Angehörigen über das Projekt hinaus weiterentwickelt und professionalisiert werden, was durch das Interesse der Koordinatorin für die Palliativversorgung in Tirol und die Teamleitungen der Mobilen Palliativteams gegeben ist. Bereits vereinbart wurde die Weiterführung der Vernetzung der Angehörigenbeauftragten ab Herbst des Jahres. Zudem sollen Aus- und Weiterbildungsangebote für neue und arrivierte Mitarbeiter:innen angeboten werden.

In den Mobilen Palliativteams selbst sollten die Arbeitsabläufe gefestigt werden, insbesondere in jenen Teams, die erst in der zweiten Projektphase geschult wurden. Regelmäßiger Austausch und Reflexion über die Arbeit mit dem KOMMA-Ansatz in Team- und Fallbesprechungen sollte Standard sein. In jedem Team sollten weiterhin zwei Angehörigenbeauftragte tätig sein, wenn möglich eine davon die Teamkoordination/Teamleitung. Auch die Dokumentation in PalliDoc soll, wie im Projekt etabliert, weitergeführt und durch die Teamkoordination und die Koordinatorin für die Palliativversorgung in Tirol evaluiert werden.

Eine Kompetenzvertiefung in beratender und lösungsorientierter Gesprächsführung mit Angehörigen sollte sowohl in den Teams selbst als auch individuell für einzelne Mitarbeiter:innen gefördert werden.