Photo by AbsolutVision on Unsplash

© Photo by AbsolutVision on Unsplash

HomeÜber unsPalliativ aktuellIntegration von Palliative Care

Die Expertise spezialisierter Teams kann die Lebensqualität schwer kranker Menschen vor allem dann verbessern, wenn sie frühzeitig beigezogen werden.

Was können spezialisierte Palliativteams für die Integration von Palliative Care in das Gesundheitswesen tun?

Die spezialisierten Palliativeinrichtungen arbeiten in Spannungsfeldern: Zuweisungen erfolgen meistens spät, oft in einer Krisensituation; gleichzeitig ist inzwischen gesichert, dass die Expertise spezialisierter Teams die Lebensqualität schwer kranker Menschen vor allem dann verbessern, wenn sie frühzeitig beigezogen werden. In der Sterbephase ist vieles von dem, was gute Palliativbetreuung ausmacht, gar nicht mehr möglich.

Nicht jede Anfrage an ein spezialisiertes Palliativteam erfüllt die Kriterien für eine komplexe palliative Betreuungssituation. Doch hinter jeder Anfrage steht ein Familiensystem oder ein Betreuungssystem, das sich in der Notlage einer schweren Erkrankung befindet.

 

Diese Herausforderungen zeigen, dass die Integration von Palliative Care in das Gesundheitswesen noch nicht vollzogen ist. Um zu wissen, wie die Integration zur fördern ist, hilft es, Hindernisse zu benennen[1]:

  1. In der Regelversorgung gibt es zu wenig Ressourcen für die Palliativversorgung. Spezialisierte Einrichtungen sind nicht dafür ausgestattet, diese Defizite auszugleichen.
  2. Die spezialisierten Strukturen sind zum Teil noch wenig bekannt; vor allem aber ist es für Zuweisende nicht ganz klar, was genau die spezialisierten Teams machen, ja, was Palliativbetreuung – etwa im Unterschied zu Hospizbetreuung - überhaupt ist. So steht hinter jeder Anfrage nicht nur eine Notsituation - auch die Erwartungen an Palliative Care sind sehr unterschiedlich.
  3. Die Zurückhaltung der Zuweisenden und die Angst der Betroffenen, sich überhaupt in Palliativbetreuung zu begeben, erschweren den Zugang zu Palliativbetreuung.
  4. Manchmal sind restriktive Aufnahmekriterien in spezialisierten Strukturen ein Hindernis für die Integration von Palliativbetreuung.

 

Daraus ergibt sich indirekt und direkt, was die spezialisierte Palliativbetreuung für die Integration von Palliative Care in das Gesundheitswesen tun kann:

  • Spezialisierte Palliativteams können mit Bildungsarbeit und Mentoring für die allgemeine Palliativversorgung zur Verfügung stehen - eine Kernaufgabe spezialisierter Teams bei der Integration von Palliative Care ins Gesundheitswesen. Was heißt das konkret? „Hilfe zur Selbsthilfe“ durch Teilen von Wissen und Erfahrung: auf Stationen und in Krankenhäusern, in den Sprengeln und überall, wo dieses Wissen gebraucht wird.
  • Manchmal ist bei einer Anfrage schon erkennbar, dass die Anforderungen durch die allgemeine Palliativversorgung leistbar sind oder geleistet werden sollten; in dieser Situation ist wirkungsvolle Unterstützung oftmals mit einer kurzen Intervention möglich. Vielleicht braucht es „nur“ die gemeinsame Einschätzung, dass ein Mensch sich in der Sterbephase befindet. Vielleicht braucht es den Hinweis auf Unterstützungsangebote in der Region. Vielleicht braucht es eine pharmakologische Empfehlung, vielleicht die Vermittlung zu Hauskrankenpflege oder Hausarzt/Hausärztin. Wenn die spezialisierten Teams ihre Grenzen gegenüber der allgemeinen Palliativversorgung nicht ganz eng abstecken und ihren Auftrag auch hier in der Vernetzung sehen, so ist das förderlich für die Integration.
  • Auch in vielen chronischen Krankheitssituationen ist der „Palliative-Care-Approach“, der Palliativbetreuungs-Ansatz mit dem Fokus auf Symptomlinderung, Vorausschauender Planung und Therapiezielbestimmung angebracht. Eine Empfehlung der WHO aus dem Jahr 2014 weist in diese Richtung[2]. Da geht es oft noch gar nicht um Tod und Sterben, sondern um Krisenbewältigung im langen Verlauf einer schweren Erkrankung, für die es vielleicht nur kurzzeitig die spezialisierte Expertise durch das Palliativteam braucht.

 

Im nächsten Newsletter ist die Rede von Begrifflichkeiten; denn die WHO-Definition aus dem Jahr 2002 ist im Sinne des Auftrags von Palliative Care im 21. Jahrhundert in manchen Aspekten zu erweitern[3]. Auch die Überschneidungen von Palliativbetreuung mit Hospiz und End-of-Life-Care und Unterschiede dazu werden Thema sein. Das kann klärend sein für Auftrag und für Grenzen.

 

[1]Hawley, Pippa (2017): Barriers to Access to Palliative Care. In: Palliative Care and Social Practice, Volume 10, open access.

[2] WHO-Report A67/31 (2014): Strengthening of palliative care as a component of integrated treatment throughout the life course.

[3] Radbruch, Lukas et al. (2020): Redefining Palliative Cared - A New Consensus-Based Definition. In: Journal of Pain and Symptom Management, Volume 60(4).